FGQ – Fördergenmeinschaft der Querschnittsgelähmten e.V.

lm Einzelfall – die Fördergemeinschaft hilft

Wir leben in einem Sozialstaat. Das erscheint manchen, die persönlich von Kürzungen betroffen sind, zynisch, aber es ist immer noch die Wahrheit, vor allem verglichen mit dem Standard in ärmeren Ländern.

Und doch fallen einige durchs Netz. Querschnittgelähmte Menschen z.B., die nicht oder nicht mehr arbeiten, finden oft keine Hilfe, wenn sie ihre Mobilität aufrechterhalten wollen oder auch einmal einen bescheidenen Urlaub verbringen wollen.

Wer hilft, wenn das Integrationsamt nicht zuständig ist und auch alle anderen Träger abwinken? Das kann u.U. die FGQ sein, denn die wichtigste Aufgabe, dieses laut Satzung „mildtätigen” (eine gesetzlich definierte Steigerung von gemeinnützig) Vereins, besteht vor allem in der Einzelfallhilfe.

In Not geratene Menschen, oft erst vor kurzem von Querschnittlähmung getroffen, wenden sich an die Zentrale in Mölsheim und bitten um Hilfe.
Manchmal geht es um die Existenz einer ganzen Familie: Ein junger Mann hat während eines Urlaubs einen Autounfall und bricht sich einen Halswirbel. Nicht nur, dass die Angehörigen wochenlang um sein Leben bangen. Schließlich kann sein Rücktransport in heimatliche Gefilde organisiert werden. Doch damit haben die Sorgen erst angefangen. Mangelhafte Auslandskrankenversicherung gehört zu den am häufigsten zu findenden Lücken im sozialen Netz. Für die höheren fünfstelligen Kosten des Rücktransportes ist niemand zuständig. Und in diesem wie in vielen anderen Fällen liegt auch die Zukunft des jungen zukünftigen Rollstuhlfahrers für die betroffene Familie im Dunkeln: Wer soll ihn pflegen? Wo kann er wohnen?

Häufig geht es darum, die Unterkunft zu retten. In einem Fall regnet es durchs Dach, die Heizung ist defekt, das Öl zur Neige gegangen, der querschnittgelähmte Hausherr ernsthaft erkrankt und pleite. FGQ-Soforthilfe: Dach- und Brennerreparatur, Heizkostenzuschuss. Manchmal mischt sich der Verein zugunsten seiner Klientel ein: Ein junger Mann, auf die Pflege seiner Mutter angewiesen, wohnt jahrelang unter unzumutbaren Umständen in einem abbruchreifen Haus. Die mittellosen Leute will erst keiner haben, aber mit Hilfe der FGQ wird eine neue, bessere Wohnung in einer anderen Gemeinde gefunden.

Paar am See, Frau im Rollstuhl

Auswege

Überhaupt ist eine finanzielle Notlage für einen behinderten Menschen oft viel folgenreicher: Zu niedrige Temperaturen, mangelhafte Ernährung, überhaupt ein Leben mit den Erschwernissen der Armut, kann für die „Restgesundheit” böse Folgen haben.

Die Ämter sind da oft überfordert, die Einzelfallhilfe der FGQ oft der letzte Ausweg. Gelegentlich sind die Hilfen auch unkonventionell: Eine querschnittgelähmte junge Frau lebt allein, kommt nur mühsam über die Runden. Die FGQ finanziert auf Antrag teilweise die Anschaffung eines ausgebildeten Behindertenbegleithundes. Der Vierbeiner kann herunter gefallene Handys aufheben, Türen öffnen und im Notfall Hilfe herbeiholen. Außerdem ist er ein verlässlicher und treuer Begleiter in allen Lebenslagen und verhilft seiner Halterin zu zusätzlichen sozialen Kontakten.

Notwendige Hilfe kann die FGQ schnell beschließen: Eine E-Mail-Vorlage geht von der Mölsheimer Zentrale an die fünf anderen Vorstandsmitglieder (Kassenwart Franz Kniel ist vor Ort). Nach einem mehrheitlichen (oft einstimmigen) Beschluss kann die ersehnte Hilfe schnell überwiesen werden.

Meist sind die Anträge zwar auch dringend, jedoch nicht ganz so dramatisch:
Eine Rollstuhlfahrerin wünscht sich nach Jahren wieder einen Urlaub. Als Sozialhilfeempfängerin kann sie sich den jedoch nicht leisten, staatliche Stellen und Krankenkassen winken ab. Die FGQ prüft ihre Einkommensverhältnisse und gibt ihr einen maßgeblichen Zuschuss für die dringend notwendige Erholung. Die FGQ besitzt ein kleines Ferienhäuschen in Österreich, das auch nicht bedürftigen Mitgliedern sehr günstig zur Verfügung gestellt werden kann.

Opa im Rollstuhl mit Enkelkindern

Alltäglich sind die Anfragen von Betroffenen und Angehörigen, die lediglich einen sachkundigen Rat brauchen. Hier sorgt das Internet (www.fgq.de) oder z.B. diese Broschüre für den Kontakt zwischen Ratsuchenden und Fördergemeinschaft.

Die Fragen sind immer die selben und beziehen sich auf den Lebenslauf der behinderten Menschen:

  • Welcher Rechtsbeistand hilft mir beim Streit mit der Versicherung, die meine Querschnittlähmung als Unfallfolge nicht anerkennen will?
  • Gibt es eine Klinik / eine Kureinrichtung, die auf meine Behinderung eingestellt ist?
  • Wie kann ich mein Haus umbauen, gibt es spezialisierte Architekten und Zuschüsse?
  • Wo finde ich qualifizierte Pflege, zu Hause oder im Heim?
  • Welche Ausbildung oder Umschulung kommt für mich in Frage?
  • Wohin kann ich in Urlaub fahren?

In Mölsheim ist man keineswegs allwissend. Auch hat die Fördergemeinschaft keine Experten, die alle Fragen sofort beantworten können. Was sie hat, ist ein funktionierendes Netzwerk.  Das reicht vom Vorsitzenden Prof. Hans Jürgen Gerner, den übrigen (sämtlich selbst querschnittgelähmten) Vorstandsmitgliedern mit ihrer Berufs- und Lebenserfahrung über die Arbeitsgemeinschaften (AG) bis zu den Beratern, Ansprechpartnern, Stützpunkten und Kontaktstellen in ganz Deutschland. Die Qualität der Beratung ist natürlich von Menschen abhängig.

Die Bandbreite der Ratgeber reicht von Fachmedizinern über Sozialarbeiter bis zu erfahrenen Betroffenen, die nach Überzeugung der Fördergemeinschaft eine besondere Qualifikation haben, querschnittgelähmten Ratsuchenden oder ihren Angehörigen einen Weg zu weisen. (Siehe hierzu die Übersicht gegen Ende dieser Broschüre.)

lm Sozialstaat Deutschland mit seinem trotz allem immer noch vergleichsweise gut funktionierenden Gesundheitssystem gibt es nach wie vor viel zu tun. Die soziale Aufgabe des organisch gewachsenen Vereins bleibt also bestehen.

Zwar hat sich das Bild behinderter Menschen in der Öffentlichkeit durch Behindertensportübertragungen und viele kleine Auftritte Betroffener in TV-Shows etwas gewandelt, aber querschnittgelähmte Menschen in einer Notlage gibt es immer noch.

Quelle: FGQ-info 2013/2014

Mutter im Rollstuhl mit Kind
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